Claude Monet
Der Seerosenteich, um 1918
Aktuell ausgestellt
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Öl auf Leinwand, 131 x 197 cm
Nicht signiert
Inv.-Nr. MB-Mon-34
Die Konzentration auf den Wasserspiegel des Seerosenteichs führt zu einer nie dagewesenen Flächigkeit im Landschaftsbild. Reflexionen der Trauerweiden und der Wolken sind als Farbschlieren gegenwärtig. Das Bild lässt sich über seine Begrenzungen hinaus weiterdenken. Zur Entstehungszeit des Gemäldes begann Claude Monet mit den Seerosen-Panoramen, die nach seinem Tod im Musée de l’Orangerie in Paris installiert wurden.
In seinen frühen Darstellungen der Seerosen von 1903/04 hatte Monet räumliche Tiefe angedeutet, die das Ufer oder die den Teich umgebende Vegetation in den Bildraum einbezog. Doch bereits in diesen Kompositionen emanzipierte sich die reflektierende Oberfläche des Wassers als dominantes Bildmotiv, durch das den festen Konturen der Seerosen die stets changierenden Spiegelungen von Vegetation und Himmel gegenübergestellt werden können. In späteren Variationen wie dieser großformatigen Darstellung, in der er auf jegliche Motive außerhalb des Teichs verzichtete, tritt Monets Interesse an den geheimnisvollen Farbverläufen innerhalb der Reflexionen stärker in den Vordergrund. Das Wasser fungiert als reine Projektionsfläche und damit metaphorisch als eine Doppelung der realen Leinwand. Der Prozess der Fragmentierung sowie die ausgeprägte Nah- und Aufsicht wirken den konventionellen Regeln der Landschaftsmalerei entgegen: Oben und unten, Vorder-, Mittel- und Hintergrund bieten dem Betrachter keine verlässlichen Orientierungspunkte mehr. Stattdessen erscheint der Teich in einem Allover-Effekt als einheitliche, räumlich entgrenzte Bildfläche, die einen freien Umgang mit Farbe und Form als autonomen Gestaltungsmitteln erlaubt.
Bereits bei seinen 1890/91 angefertigten Gemälden der Getreideschober hatte Monet die seriellen Darstellungen des Motivs dazu genutzt, flüchtigen Veränderungen der Atmosphäre nachzugehen und das unterschiedliche Erscheinungsbild eines Gegenstands bei unterschiedlichen Effekten von Farbe, Schatten und Licht zu dokumentierten. Die reflektierenden Eigenschaften des Teichs erlaubten, dieses Vorgehen konsequent fortzusetzen und seine Malerei an die Schwelle zur reinen Abstraktion zu bringen.
Nachdem Monet 1909 angefangen hatte, die Variationen seiner Nymphéas auszustellen, zeigten sich zahlreiche Zeitgenossen beeindruckt von der poetischen Wirkkraft seiner späten Gartenbilder, denen eine traumartige Atmosphäre von Introspektion und Weltentrückung zugrunde liegt. Der Kritiker Roger Marx etwa verstand die Seerosenbilder als Inbegriff von „Emotion, Freude und Humanismus“, durch die Monet die menschliche Sehnsucht nach einer Verschmelzung mit der Natur zum Ausdruck bringen wolle. Unabhängig davon, ob seine Darstellungen der Seerosen tatsächlich von einem solch pantheistischen Impuls angeregt wurden, rufen Monets Bilder des Wassergartens Assoziationen mit Themen hervor, die über das häusliche Motiv hinausgehen – die vitale Kraft des Wassers als einer lebensspendenden, kosmischen Urmacht sowie die tradierte Funktion des Gartens als Symbol des Paradieses: „Ich habe keinen anderen Wunsch, als mich enger mit der Natur zu verbinden“, zitierte Marx den Künstler entsprechend. „Natur ist Größe, Kraft und Unsterblichkeit; im Vergleich zu ihr scheint ein Geschöpf nichts als ein armseliges Atom.“
In dem von Daniel Wildenstein erstellten vierbändigen Catalogue raisonné zu Monets Gemälden ist das Bild aus der Sammlung Hasso Plattner mit der Werkverzeichnis-Nummer 1884 versehen (Bd. 4, S. 895). Weitere Variationen aus dieser querformatigen, in Gelb- und Grüntönen gestalteten Werkreihe von etwa 1918 befinden sich heute u. a. im Museum Folkwang in Essen und im Art Institute of Chicago.
Daniel Zamani
Monet, Kunsthaus Zürich, 10.5.–15.6.1952, Nr. 107
Chicago Collectors, Art Institute, Chicago, 20.9.–27.10.1963
One Hundred European Paintings and Drawings from the Collection of Mr. and Mrs. Leigh B. Block, National Gallery of Art, Washington, 4.5.–11.6.1967; Los Angeles County Museum of Art, 21.9.–2.11.1967; Museum of Fine Arts, Boston, 2.2.–11.4.1968
Monet, National Museum of Western Art, Tokio, 9.10.–28.11.1982; National Museum of Modern Art, Kyoto, 8.12.1982–30.1.1983, Nr. 58
Impressionismus. Die Kunst der Landschaft, Museum Barberini, Potsdam, 21.1.–28.5.2017
Claude Monet: The Truth of Nature, Denver Art Museum, 20.10.2019–2.2.2020
Monet. Orte, Museum Barberini, Potsdam, 22.2.–19.7.2020, Nr. 127
Impressionismus. Die Sammlung Hasso Plattner, Museum Barberini, Potsdam, vom 5.9.2020 an
o.D.,
Michel Monet, Giverny
o.D.,
Galerie Durand-Ruel, Paris
o.D.,
Galerie Maeght, Paris
1957, Mr.
und Mrs. Leigh Block Collection, Chicago
1978,
Acquavella Galleries, New York
1978–2014,
MOA Museum of Art, Atami, Dauerleihgabe von Mochiki Okada
März 2014, erworben aus Privatbesitz
100 European Paintings and Drawings from the Collection of Mr. and Mrs. Leigh B. Block, Ausst.-Kat. National Gallery of Art, Washington 1967
Monet, Ausst.-Kat. Tokio 1982
Daniel Wildenstein: Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 4, Lausanne 1985, Nr. 1884, Abb. S. 287
Daniel Wildenstein: Monet. Catalogue Raisonné. Werkverzeichnis, Bd. 4, Köln 1996, Nr. 1884, Abb. S. 894
Impressionismus. Die Kunst der Landschaft, Ausst.-Kat. Museum Barberini, Potsdam 2017, Nr. 67, Abb. S. 193, 194–195
Monet. Orte, Ausst.-Kat. Museum Barberini, Potsdam 2020, Nr. 127, Abb. S. 252
Impressionismus. Die Sammlung Hasso Plattner, Ausst.-Kat. Museum Barberini, Potsdam 2020, S. 218, 274, Abb. S. 220 f., 274
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